Orchideen schneiden: Ruhe bewahren und keinesfalls voreilig das Schneidewerkzeug zücken
Dies vorneweg: Orchideen brauchen keinen regelmäßigen Rückschnitt. Werden Orchideen richtig gepflegt – und darauf kommt es an – dann blühen sie üppig und sehr lange. Und manchmal auch immer wieder. Jedoch muss hin und wieder der eine oder andere Pflanzenteil gekürzt oder gänzlich entfernt werden.
Wobei es vorrangig um die Blütentriebe geht, die nach dem Vertrocknen und dem Abfallen der Blüten quasi nackt und grün aus der Orchidee herausragen. Nur wann und vor allem bis wohin sollen die Blütenstängel abgeschnitten werden?
Bei Wurzeln und Blättern ist generell Vorsicht geboten, wenn es ums Schneiden geht. Hier lautet die Devise: abwarten. Manchmal auch mehrere Wochen. Auch leblos erscheinende Pflanzenteile können sich auf wundersame Weise wieder erholen. Daher: Nur völlig Vertrocknetes, Matschiges oder Verfaultes entfernen. Nie Grünes und Gesundes abschneiden. Ob das Schneidewerkzeug überhaupt zum Einsatz kommen darf, wann der richtige Zeitpunkt zum Schneiden ansteht und womit der Schnitt optimal ausgeführt wird, das erfahren Sie hier ganz genau.
Wann und bis an welcher Stelle werden Blütenstängel nach der Blüte an der Orchidee abgeschnitten?
Völlig unabhängig von der Orchideengattung gilt: Wird ein Blütenstängel von ganz alleine Braun, dürr und trocknet aus, dann kann er bis zum Ansatz abgeschnitten werden. Manchmal lassen sich die vertrockneten Stängel auch aus der Pflanze mühelos herauszupfen.
Schnitt bei mehrtriebigen Orchideenarten
Bei den mehrtriebigen Orchideenarten bilden an ihrer durchgehenden Achse diverse Blütenstängel. Dazu zählen u. a. die bekannten Phalaenopsis Orchideen und einige Oncidium-Arten, sie werden auch als Revolverblüher bezeichnet. Hier sollte keinesfalls zu schnell zum Messer oder zur Schere gegriffen werden. Etwas Geduld ist hierbei gefragt. Zwar bleibt nach dem Abfallen der vertrockneten Blüten ein grüner „kahler“ Stängel übrig, an dessen Triebspitze sich aber weiterhin Knospen ausbilden können. Das Remontieren kann zwei bis drei Mal hintereinander gelingen, danach stirbt dann der Stängel ab.
Erst wenn wirklich keine neuen Knospen mehr nachkommen, sollte der grüne Trieb über einem Knoten oder Auge (mit Knoten oder Auge ist die Verdickung am Blütenstängel gemeint) gekürzt werden.
Bewährt hat sich das Abschneiden des Triebes direkt über den von unten gezählt dritten Knoten am Stängel. Dieses Einkürzen über dem Auge kann sogar dazu führen, dass aus diesem ein neuer Seitentrieb erwächst, an dem sich dann wieder Knospen und später Blüten bilden. Sollte es jedoch zu keinem weiteren Remontieren (weiteres Erblühen nach der Hauptblüte) kommen, sich der Stängel langsam braun verfärben und absterben, dann ist der Zeitpunkt gekommen, um den Stängel möglichst nah am Ansatz abzuschneiden. Nach einiger Zeit werden sich am Orchideenstamm ein neuer Blütentrieb – oder sogar mehrere neue Blütentriebe – entwickeln.
Schnitt bei eintriebigen Orchideengattungen
Eintriebige Orchideengattungen wie etwa Dendrobium oder Phahiopedilum bilden ihre Knospen grundsätzlich immer nur an einem neuen Trieb aus.
Sind alle Blüten abgefallen, kann der Stängel problemlos an seiner tiefsten Stelle abgeschnitten werden. Noch gründlicher ist das Herauszupfen des verblühten Stängels aus der Pflanze, sobald dieser vollständig vertrocknet ist. Damit vermeidet man störende Stängelreste in der Pflanze. Zu guter Letzt: Besonders blühfreudig ist die Paphiopedilum Pinocchio (Frauenschuh). Keinesfalls sollte der Blütentrieb dieser Orchideenart voreilig und vorzeitig abgeschnitten werden. Selbst nach einer Blühpause, die auch mal länger andauern kann, bilden sich am Stängel immer wieder neue Knospen aus.
Dürfen Orchideenwurzeln einfach abgeschnitten werden?
Intakte, gesunde, grüne Wurzeln sollten keinesfalls beschnitten oder gar abgeschnitten werden. Sie sind für Orchideen lebensnotwendig, da sie die Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser versorgen. Auch wenn Luftwurzeln noch so störend wirken, insbesondere wenn sie bereits über den Übertopf hinauswuchern, sie sichern das Überleben der Orchideen, indem sie aus der Luft Wasser aufnehmen.
Und: Luftwurzeln stützen die Orchideen. Sie geben ihnen den notwendigen Halt. Aus diesen Gründen heraus dürfen Luftwurzeln nur abgeschnitten werden, wenn sie bereits abgestorben bzw. hohl und vertrocknet oder matschig und faul sind. Denn so können sie kein Wasser mehr aufnehmen und nutzen der Orchidee nicht mehr. Das vorsichtige Entfernen der Wurzeln schafft in diesem Fall Platz für neues Wurzelwachstum.
Insbesondere beim Umtopfen bietet sich die Gelegenheit, abgestorbene Wurzeln ganz vorsichtig abzuschneiden. Eine Ausnahme beim Schneiden von Orchideenwurzeln bilden stark verkümmerte Orchideen. Hier könnte ein geringfügiger Rückschnitt der Wurzeln eventuell einen Wachstumsschub bei der Orchidee auslösen. Ansonsten gilt: Finger weg von den grünen Orchideenwurzeln.
Wann sollen Orchideenblätter geschnitten werden?
Geschnitten oder abgeschnitten werden die Blätter an den Orchideen grundsätzlich nicht. Denn durch die Schnittstellen können schädliche Erreger in die Orchideen eindringen und größten Schaden anrichten.
Selbst Blätter mit einem Sonnenbrand erfüllen weiterhin ihre Funktion, indem sie mit der noch übrig gebliebenen grünen Blattfläche Photosynthese betreiben können.
Einzig kranke oder verfaulte Blätter dürfen vorsichtig abgetrennt werden. In der Regel entscheiden Orchideenblätter aber selbst, wann ihre Zeit gekommen ist, um abzusterben.
Das Blatt wird langsam braun und schrumpelig, dann trocknet es nach und nach ein, um schließlich von alleine abzufallen. Hin und wieder kann man auch vorsichtig am welken, braunen Blatt ziehen, um den Prozess zu beschleunigen (was aber eigentlich nicht notwendig ist).
Sitzt das Blatt noch fest, dieses einfach ruhen lassen. Wenn es reif ist, dann lässt sich das Blatt ganz einfach abziehen.
Welches Schneidewerkzeug ist empfehlenswert und wie sollen die Schnittstellen an der Orchidee geschützt werden?
Ob nun ein Messer, ein Teppichmesser, ein Skalpell oder eine Schere zum Schneiden genutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern eher eine Frage des persönlichen Geschmacks und Geschicks. Was zählt, ist die Schärfe des jeweiligen Schneidewerkzeugs. Stumpfe Messer & Co. können an der Abschnittstelle Quetschungen erzeugen, worauf Orchideen ausgesprochen empfindlich reagieren können. Neben der richtigen Schärfe spielt auch die Hygiene eine wesentliche Rolle. Nicht nur das Schneidewerkzeug muss vorher und zwischendurch gut desinfiziert werden, auch die Hände sollten vorab gesäubert werden, um das Übertragen von Krankheiten damit direkt auszuschließen. Für die Hände bietet sich eine medizinische Waschlotion an, für das Desinfizieren des Schneidewerkzeugs beispielsweise Spiritus oder hochprozentiger Alkohol. Natürlich lassen sich die Schneideutensilien auch mit Wasser abkochen. Wichtig ist: Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten dürfen keinesfalls eine Chance bekommen. Vorsichtiges Schneiden ist ein absolutes Muss, um intakte Pflanzenteile während des Schneidevorgangs keinesfalls zu verletzen. Um u. a. eine Keiminfektion zu verhindern, sollten die frischen Schnittstellen unbedingt versiegelt werden. Dazu Aktivkohlepulver, hochwertiges Zimtpulver oder Schwefelpulver verwenden. Oder eine dafür vorgesehene Versieglungspaste aus dem Fachhandel kaufen.
Zurückgeschnitten aber kein Lebenszeichen?
Sie haben Ihre Orchidee zurückgeschnitten, aber es tut sich nichts? Kein Grund zur Sorge, denn das ist völlig normal. Einige Orchideenarten brauchen eine Ruhephase um sich zu regenerieren, das kann durchaus Monate dauern. Die Pflanze wirkt in der Ruhephase wie eingefroren. Jetzt braucht sie weniger Wasser und keinen Dünger und kann an einen etwas kühleren Standort platziert werden. Sobald sich etwas an der Orchidee tut, wie zum Beispiel ein neuer Blütentrieb oder ein neues Blatt, kann vorsichtig gedüngt und stärker gegossen werden.